Engagement braucht Strukturen – Perspektiven zum Koalitionsvertrag 2025

Eine Stellungnahme des AKTIVOLI-Landesnetzwerks Hamburg

Die neue Bundesregierung würdigt im Koalitionsvertrag 2025 das Ehrenamt als tragende Säule der Demokratie und stellt steuerliche sowie rechtliche Vereinfachungen in Aussicht. Das AKTIVOLI-Landesnetzwerk Hamburg begrüßt dieses Signal der Anerkennung – sieht aber weiterhin zentrale Herausforderungen, denen mit rein bürokratischen Entlastungen allein nicht zu begegnen ist.

Engagement entsteht dort, wo Menschen sich begegnen, vernetzen und gemeinsam gestalten können. Über 28 Millionen Menschen in Deutschland engagieren sich freiwillig – in Vereinen, Initiativen, Nachbarschaften oder Netzwerken. Damit dieses Engagement langfristig wirksam bleibt, braucht es nicht nur Anerkennung, sondern auch unterstützende Strukturen.

Zivilgesellschaftliche Netzwerke wie das Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) schaffen Räume des Austauschs, stärken lokale Initiativen und ermöglichen eine kontinuierliche Verständigung zwischen Politik, Verwaltung und der Breite des Engagements. Eine stärkere Sichtbarkeit und Förderung solcher Plattformen könnte das Fundament für einen echten Zukunftspakt Ehrenamt bilden – als gemeinsames Vorhaben von Staat und Zivilgesellschaft.

Der Koalitionsvertrag legt zudem einen Schwerpunkt auf die Verbindung von Sport und Ehrenamt durch eine neue Staatsministerposition. Sport ist ohne Zweifel ein wichtiger Bereich zivilgesellschaftlicher Teilhabe – doch Engagement reicht weit darüber hinaus: von Nachbarschaftshilfe über Kultur bis zur politischen Bildung. Es wäre wünschenswert, dass diese Vielfalt in der Ausgestaltung der Position Berücksichtigung findet, um eine einseitige Prioritätensetzung zu vermeiden. Ein zukunftsfähiges Engagement braucht darüber hinaus auch Raum – im wörtlichen wie übertragenen Sinn. Besonders kleinere, selbstorganisierte oder migrantisch geprägte Gruppen stoßen hier auf praktische Hürden: fehlende Treffpunkte, mangelnde digitale Infrastruktur, unklare Zuständigkeiten. Es wäre hilfreich, bestehende Förderinstrumente durch niedrigschwellige, dezentrale Anlaufstellen zu ergänzen – analog wie digital. Hier könnten Programme angedockt werden, die bereits heute gute Erfahrungen mit lokaler Vernetzung und Beratung gesammelt haben.

Nicht zuletzt bietet der angekündigte Zukunftspakt Ehrenamt die Chance, Engagementpolitik als gemeinsamen Lern- und Aushandlungsprozess zu gestalten. Eine breite Beteiligung zivilgesellschaftlicher Akteure an der Weiterentwicklung der Bundesengagementstrategie wäre ein starkes Signal – für mehr Zusammenarbeit auf Augenhöhe und eine nachhaltige Kultur der Mitverantwortung.

Das AKTIVOLI-Landesnetzwerk Hamburg steht bereit, diesen Weg gemeinsam mit Partnern aus Zivilgesellschaft, Verwaltung und Politik auf Landes- wie Bundesebene konstruktiv zu begleiten.

Hamburg, 6. Juni 2025 – AKTIVOLI-Landesnetzwerk Hamburg e.V.

Bundes-Koalitionsvertrag

Relevante Passagen fürs Engagement im Bundeskoalitionsvertrag 2025

Ehrenamt entbürokratisieren

Wir bringen ein umfassendes Bürokratierückbaugesetz für Vereine und ehrenamtliches Engagement auf den Weg. Die Gemeinnützigkeitsprüfung für kleine Vereine werden wir vereinfachen und Sachspenden an gemeinnützige Organisationen möglichst weitgehend von der Mehrwertsteuer befreien. Wir sorgen dafür, dass ehrenamtliches Engagement Freude bereitet und mehr Anerkennung erfährt. Daher schaffen wir einen „Zukunftspakt Ehrenamt“. Wir werden die Ehrenamts- und Übungsleiterpauschale erhöhen. Wir erhöhen ebenso die Freigrenze für den ehrenamtlichen sowie wirtschaftlichen Geschäfts- und Zweckbetrieb, vereinfachen das Datenschutz-, Gemeinnützigkeits-, Vereins- und Zuwendungsrecht und verbessern das Haftungsprivileg (Zeile 1985-1993). 

Staatsminister für Sport und Ehrenamt

Wir ernennen einen Staatsminister für Sport und Ehrenamt im Bundeskanzleramt.

Ehrenamt

Unsere Gesellschaft wird vom ehrenamtlichen Engagement getragen. Wir sorgen dafür, dass ehrenamtliches Engagement Freude bereitet und mehr Anerkennung erfährt.

Zukunftspakt Ehrenamt

Wir schaffen einen „Zukunftspakt Ehrenamt“. In diesem werden wir die Ehrenamts- und Übungsleiterpauschale erhöhen. Wir erhöhen ebenso die Freigrenze für den ehrenamtlichen sowie wirtschaftlichen Geschäfts- und Zweckbetrieb, vereinfachen das Datenschutz-, Gemeinnützigkeits-, Vereins- und Zuwendungsrecht und verbessern das Haftungsprivileg.

Attraktives Ehrenamt

Wir werden auch Möglichkeiten prüfen, ehrenamtliches Engagement für junge Menschen attraktiver zu machen und die Vereinbarkeit von Familie und Ehrenamt zu verbessern. Für den Freiwilligendienst und das Freiwillige Soziale Jahr werden wir mehr Stellen und mehr Finanzmittel für ein höheres Taschengeld zur Verfügung stellen. Zudem sollen Vereine als Bildungsort anerkannt werden, so dass Förderungen von Weiterbildungsangeboten für Übungsleiter und Trainer möglich sind. 

Schutz des Ehrenamts

Wir stärken und schützen ehrenamtliches Engagement. Gerade in herausfordernden Zeiten gilt dies für die „Blaulicht-Familie“ sowie die Vereine und Verbände, die unsere Zivilgesellschaft zusammenhalten. Dazu gehört der weitere Ausbau der erfolgreichen Arbeit der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt. Wir werden den Schutz von Ehrenamtlichen verbessern. Kommunale Amts- und Mandatsträger tragen unseren Staat mit. Deshalb müssen wir sie unterstützen und schützen. Dazu gehört auch die Fortführung der bundesweiten Ansprechstelle zum Schutz für kommunale Amts- und Mandatsträger. Angriffe auf diejenigen, die uns unter anderem in Freiwilligen Feuerwehren und Rettungsdiensten schützen, werden wir härter bestrafen und die Strafprozesse beschleunigen (Zeile 3769-3793). 

Das ehrenamtliche Engagement, zum Beispiel Brauchtum, Amateurkultur und -musik, werden wir gezielt stärken (Zeile 3835-3836).

Humanitäre Hilfe werden wir stärken und verlässlich, gezielt und vorausschauend leisten. Dabei prüfen wir ein stärkeres Engagement nach dem Ausfall anderer Geber in wichtigen Bereichen (Zeile 4095-4096). 

Das bürgerschaftliche Engagement in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zum Beispiel durch Kirchen, Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften, Wirtschaftsverbände und politische Stiftungen wollen wir weiter fördern (Zeile 4263-4265).